Das Wichtigste im Überblick
- Wenn Sie im Krankenstand gekündigt worden sind, haben Sie nur 3 Wochen Zeit, um mit einer Kündigungsschutzklage zu reagieren – danach sind Ihre Ansprüche unwiderruflich verloren
- Eine Kündigung während der Krankschreibung ist nicht automatisch unwirksam, muss aber strengen rechtlichen Anforderungen genügen, die Arbeitgeber häufig nicht erfüllen können
- Mit fachkundiger anwaltlicher Unterstützung können in einer Vielzahl der Fälle entweder die Unwirksamkeit der Kündigung festgestellt oder substanzielle Abfindungen ausgehandelt werden
Was Sie jetzt wissen und tun sollten
Die Nachricht trifft viele in einer bereits belastenden Situation: Während Sie krankgeschrieben sind und versuchen, Ihre Gesundheit wiederzuerlangen, flattert die Kündigung ins Haus. Wer im Krankenstand gekündigt worden ist, steht oft unter doppeltem Druck – einerseits die gesundheitlichen Probleme, andererseits nun auch die existenzielle Sorge um den Arbeitsplatz. Wichtig zu wissen: Eine Kündigung während der Krankschreibung ist nicht automatisch unwirksam, aber sie unterliegt strengen rechtlichen Anforderungen. Entscheidend ist, schnell zu handeln und die 3-Wochen-Frist für eine Kündigungsschutzklage nicht verstreichen zu lassen. Als Fachanwalt für Arbeitsrecht beraten wir Sie gerne im Detail.
Wer im Krankenstand gekündigt worden ist, sollte trotz gesundheitlicher Einschränkungen umgehend aktiv werden. Denn obwohl eine Krankschreibung keinen absoluten Kündigungsschutz bietet, müssen Arbeitgeber bei krankheitsbedingten Kündigungen hohe rechtliche Hürden überwinden. Sie müssen eine negative Gesundheitsprognose nachweisen, erhebliche betriebliche Beeinträchtigungen belegen und in einer Interessenabwägung darlegen, warum ihre Interessen überwiegen. Diese Anforderungen erfüllen viele Arbeitgeber nicht – was gute Chancen eröffnet, mit anwaltlicher Unterstützung entweder den Arbeitsplatz zu erhalten oder eine angemessene Abfindung zu verhandeln.
Darf mir während der Krankschreibung überhaupt gekündigt werden?
Die kurze Antwort: Ja, grundsätzlich kann Ihnen auch während einer Krankschreibung gekündigt werden. Der Krankenstand allein bietet keinen absoluten Kündigungsschutz. Allerdings – und das ist die gute Nachricht – muss eine solche Kündigung deutlich höhere rechtliche Hürden überwinden als eine Kündigung ohne Krankheitsbezug.
Die längere und für Sie entscheidende Antwort: Eine Kündigung während der Krankheit muss bestimmten strengen Anforderungen genügen, die viele Arbeitgeber nicht erfüllen können oder von denen sie oft nicht einmal wissen. Hier liegt Ihre Chance, gegen eine unberechtigte Kündigung vorzugehen.
Die rechtlichen Grundlagen im Überblick
Wenn Sie bereits länger als sechs Monate in einem Betrieb mit mehr als zehn Mitarbeitern beschäftigt sind, greift für Sie das Kündigungsschutzgesetz (KSchG). Es besagt in § 1 KSchG, dass eine Kündigung sozial gerechtfertigt sein muss. Bei einer krankheitsbedingten Kündigung hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) drei zentrale Kriterien entwickelt, die erfüllt sein müssen:
- Negative Gesundheitsprognose: Der Arbeitgeber muss nachweisen können, dass auch in Zukunft mit erheblichen krankheitsbedingten Ausfällen zu rechnen ist
- Erhebliche betriebliche Beeinträchtigungen: Die zu erwartenden Fehlzeiten müssen zu konkreten wirtschaftlichen oder organisatorischen Problemen im Betrieb führen
- Interessenabwägung: Die betrieblichen Interessen des Arbeitgebers müssen die Interessen des Arbeitnehmers am Erhalt des Arbeitsplatzes überwiegen
In der Praxis kann der Arbeitgeber diese Anforderungen oft nicht ausreichend belegen. Insbesondere die negative Gesundheitsprognose ist für Arbeitgeber schwer nachzuweisen, wenn es sich um unterschiedliche oder einmalige Erkrankungen handelt.
Die 3-Wochen-Frist: Warum schnelles Handeln entscheidend ist
Wenn Sie im Krankenstand gekündigt worden sind, beginnt mit dem Erhalt des Kündigungsschreibens eine absolut entscheidende Frist: Sie haben genau drei Wochen Zeit, um eine Kündigungsschutzklage beim zuständigen Arbeitsgericht einzureichen. Diese Frist ist nicht verhandelbar und wird von den Gerichten streng ausgelegt.
Lassen Sie diese Frist verstreichen, gilt die Kündigung automatisch als wirksam – unabhängig davon, wie rechtswidrig sie eigentlich gewesen sein mag. Selbst bei offensichtlichen Verstößen gegen das Kündigungsschutzrecht haben Sie dann keine Chance mehr, gegen die Kündigung vorzugehen.
Ist Ihre 3-Wochen-Frist in Gefahr?
Wir kümmern uns schnellstmöglich um die Fristwahrung.
Sonderfall: Kündigung während der Entgeltfortzahlung
Eine besondere Situation liegt vor, wenn Sie die Kündigung während der sechswöchigen Entgeltfortzahlung erhalten. Die Entgeltfortzahlung selbst wird durch die Kündigung nicht berührt – der Arbeitgeber muss Ihnen das Gehalt bis zum Ende der sechs Wochen weiterzahlen, unabhängig davon, ob die Kündigung wirksam ist oder nicht.
Allerdings beginnt mit Zugang der Kündigung dennoch die 3-Wochen-Frist für die Kündigungsschutzklage. Sie können sich also nicht darauf verlassen, erst nach Ihrer Genesung aktiv zu werden. Handeln Sie umgehend, auch wenn Sie noch krankgeschrieben sind!
Betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM) als Schutzschild
Ein oft übersehener, aber entscheidender Aspekt: Waren Sie innerhalb eines Jahres länger als sechs Wochen ununterbrochen oder wiederholt arbeitsunfähig, ist der Arbeitgeber gemäß § 167 Abs. 2 SGB IX verpflichtet, ein betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM) durchzuführen, bevor er eine krankheitsbedingte Kündigung ausspricht.
Das BEM soll klären, wie die Arbeitsunfähigkeit überwunden, erneuter Arbeitsunfähigkeit vorgebeugt und der Arbeitsplatz erhalten werden kann. Hat Ihr Arbeitgeber dieses Verfahren nicht oder nicht ordnungsgemäß durchgeführt, kann dies die Kündigung angreifbar machen. Zwar führt das Fehlen eines BEM nicht automatisch zur Unwirksamkeit der Kündigung, erschwert aber die Position des Arbeitgebers im Kündigungsschutzprozess erheblich.
Erste-Hilfe-Checkliste: Was tun, wenn Sie im Krankenstand gekündigt werden?
Wenn Sie die Kündigung erhalten haben, sollten Sie sofort folgende Schritte unternehmen:
- Dokumentieren Sie das Zugangsdatum der Kündigung präzise (am besten mit Briefumschlag aufbewahren)
- Markieren Sie die 3-Wochen-Frist für die Kündigungsschutzklage deutlich in Ihrem Kalender
- Bewahren Sie das Kündigungsschreiben und den Umschlag sorgfältig auf (wichtiges Beweismittel)
- Holen Sie unverzüglich anwaltlichen Rat ein – idealerweise bei einem Fachanwalt für Arbeitsrecht
- Melden Sie sich bei der Agentur für Arbeit arbeitssuchend (innerhalb von 3 Tagen nach Erhalt der Kündigung)
- Stellen Sie alle relevanten Unterlagen zusammen: Arbeitsvertrag, Krankmeldungen, Korrespondenz mit dem Arbeitgeber, Zeugnisse etc.
- Dokumentieren Sie Ihre Krankengeschichte als potentielles Beweismittel
- Vermeiden Sie vorschnelle Zugeständnisse gegenüber dem Arbeitgeber
- Reichen Sie ggf. ein Widerspruchsschreiben ein, um Ihre Rechte zu wahren (ohne Anerkennung einer Rechtspflicht)
- Klären Sie Fragen der Krankenversicherung – bei längerer Arbeitsunfähigkeit über das Beschäftigungsverhältnis hinaus können besondere Regelungen greifen
Abfindung statt Weiterbeschäftigung: Eine sinnvolle Alternative?
In vielen Fällen ist das Vertrauensverhältnis zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber nach einer Kündigung im Krankenstand so beschädigt, dass eine Weiterbeschäftigung – selbst bei erfolgreicher Kündigungsschutzklage – nicht mehr wünschenswert erscheint. Hier kann eine Abfindungsvereinbarung die bessere Lösung sein.
Als erfahrene Fachanwälte nutzen wir unsere Verhandlungsstärke, um für Sie optimale Abfindungssummen zu erzielen. Die Höhe der Abfindung orientiert sich dabei an verschiedenen Faktoren:
- Dauer der Betriebszugehörigkeit
- Alter des Arbeitnehmers
- Chancen auf dem Arbeitsmarkt
- Schwere des Rechtsverstoßes durch den Arbeitgeber
- Wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Unternehmens
Typischerweise liegen Abfindungen zwischen einem halben und eineinhalb Monatsgehältern pro Beschäftigungsjahr. Bei besonders schwerwiegenden Rechtsverstößen oder für ältere Arbeitnehmer mit langer Betriebszugehörigkeit können auch deutlich höhere Abfindungen erzielt werden.
Wichtig zu wissen: Die Erfolgsaussichten im Kündigungsschutzverfahren beeinflussen maßgeblich die Verhandlungsposition für eine Abfindung. Je besser Ihre Chancen vor Gericht stehen, desto höher fällt in der Regel das Abfindungsangebot aus.
So starten wir die Zusammenarbeit
Wenn Sie sich für die Unterstützung durch unsere Kanzlei entscheiden, können Sie mit folgendem Ablauf rechnen:
- Nach Ihrer Kontaktaufnahme bieten wir Ihnen einen Erstberatungstermin an
- In einem ersten Gespräch analysieren wir Ihre Situation und geben eine erste Einschätzung der Erfolgsaussichten
- Bei Mandatsübernahme kümmern wir uns um die Fristwahrung, fordern erforderliche Unterlagen vom Arbeitgeber an und entwickeln eine maßgeschneiderte Strategie
- Sie erhalten eine transparente Kostenaufstellung und werden über jeden Schritt informiert
- Für dringende Rückfragen steht Ihnen ein persönlicher Ansprechpartner zur Verfügung
Häufig gestellte Fragen
Kann mir während der Probezeit trotz Krankschreibung gekündigt werden?
Ja, während der Probezeit kann Ihnen auch im Krankenstand mit einer verkürzten Frist von zwei Wochen gekündigt werden, ohne dass der Arbeitgeber einen Grund angeben muss. Allerdings darf die Kündigung nicht wegen der Erkrankung erfolgen, da dies gegen das Maßregelungsverbot verstoßen würde.
Habe ich Anspruch auf eine Abfindung, wenn mir im Krankenstand gekündigt wurde?
Ein automatischer Anspruch auf Abfindung besteht nicht. Allerdings können Abfindungen im Rahmen eines gerichtlichen Vergleichs oder einer außergerichtlichen Einigung vereinbart werden. Die Aussichten auf eine Abfindung steigen, wenn die Kündigung rechtliche Mängel aufweist.
Was passiert mit meinem Resturlaub, wenn ich im Krankenstand gekündigt werde?
Ihr Resturlaub muss grundsätzlich finanziell abgegolten werden, wenn er wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr genommen werden kann. Dies gilt auch, wenn Sie bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses krankgeschrieben sind.
Kann ich Schadensersatz verlangen, wenn die Kündigung im Krankenstand unrechtmäßig war?
In besonderen Fällen können Schadensersatzansprüche bestehen, etwa wenn die Kündigung sittenwidrig oder diskriminierend war. Die bloße Unwirksamkeit einer Kündigung begründet jedoch noch keinen Schadensersatzanspruch.
Muss ich trotz Krankschreibung zur Arbeit, wenn ich gegen die Kündigung klage?
Nein, solange Sie arbeitsunfähig krankgeschrieben sind, müssen Sie nicht zur Arbeit erscheinen. Die Kündigungsschutzklage kann unabhängig davon eingereicht werden.
Was ist der Unterschied zwischen einer personenbedingten und einer krankheitsbedingten Kündigung?
Die krankheitsbedingte Kündigung ist ein Unterfall der personenbedingten Kündigung. Bei beiden geht es um Eigenschaften oder Umstände in der Person des Arbeitnehmers. Die krankheitsbedingte Kündigung bezieht sich speziell auf gesundheitliche Einschränkungen.
Kann eine Kündigung im Krankenstand auch wegen betriebsbedingter Gründe erfolgen?
Ja, auch während einer Krankschreibung kann aus betriebsbedingten Gründen gekündigt werden. Hierbei muss der Arbeitgeber nachweisen, dass ein Arbeitsplatzwegfall vorliegt und eine ordnungsgemäße Sozialauswahl durchgeführt wurde.
Wie wirkt sich eine Kündigung im Krankenstand auf das Arbeitslosengeld aus?
Bei einer Kündigung durch den Arbeitgeber droht in der Regel keine Sperrzeit beim Arbeitslosengeld. Anders kann es sein, wenn Sie einem Aufhebungsvertrag zustimmen – hier sollten Sie sich vorher unbedingt beraten lassen.
Was passiert, wenn ich nach dem Ende der Entgeltfortzahlung gekündigt werde?
Auch nach dem Ende der Entgeltfortzahlung (in der Regel nach sechs Wochen) kann Ihnen gekündigt werden. Sie beziehen dann möglicherweise Krankengeld von Ihrer Krankenkasse, das von der Kündigung unberührt bleibt.
Kann ich die Kündigung anfechten, wenn der Arbeitgeber von meiner Krankheit wusste, als er mich einstellte?
Wenn Ihr Arbeitgeber bereits bei Ihrer Einstellung von der Krankheit wusste und Ihnen später deswegen kündigt, kann dies die Kündigung angreifbar machen. Es könnte sich um einen Verstoß gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB) handeln.