Was muss in einem Aufhebungsvertrag stehen, um Arbeitslosengeld zu bekommen?

was muss in einem aufhebungsvertrag stehen um arbeitslosengeld zu bekommen

Inhaltsverzeichnis

Das Wichtigste im Überblick

Wird Ihnen vom Arbeitgeber ein Aufhebungsvertrag angeboten oder steht eine einvernehmliche Trennung im Raum, stellt sich schnell die Frage: Was muss in einem Aufhebungsvertrag stehen, um Arbeitslosengeld zu bekommen? Diese Frage ist berechtigt, denn die falsche Formulierung kann Ihnen teuer zu stehen kommen. Eine dreimonatige Sperrzeit beim Arbeitslosengeld bedeutet den kompletten Verlust der finanziellen Unterstützung für diesen Zeitraum.

Um Arbeitslosengeld ohne Sperrzeit zu erhalten, sollte ein Aufhebungsvertrag unbedingt die betrieblichen Gründe für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses dokumentieren. Entscheidend ist, dass erkennbar wird, dass die Initiative vom Arbeitgeber ausging. Zudem sollte die reguläre Kündigungsfrist eingehalten werden – ein vorzeitiges Ende des Arbeitsverhältnisses erhöht das Risiko einer Sperrzeit. Die explizite Erwähnung, dass der Vertrag aufgrund einer drohenden betriebsbedingten Kündigung geschlossen wird, kann ebenfalls hilfreich sein.

Bei der Formulierung eines Aufhebungsvertrags sollten Sie darauf achten, dass keine Hinweise auf Ihre eigene Initiative zur Beendigung enthalten sind. Vermeiden Sie Wendungen wie „Der Arbeitnehmer bittet um Auflösung“ oder „Der Arbeitnehmer verzichtet auf die Einhaltung der Kündigungsfrist“. Stattdessen sollte der Vertrag idealerweise einen Passus enthalten, der die wirtschaftlichen oder organisatorischen Gründe des Arbeitgebers für die Vertragsauflösung nennt. Falls persönliche Gründe für die Beendigung vorliegen, wie gesundheitliche Probleme mit Bezug zur Arbeitssituation, sollten diese ebenfalls dokumentiert werden, da sie von der Arbeitsagentur als „wichtiger Grund“ anerkannt werden können. Als Fachanwalt für Arbeitsrecht beraten wir Sie gerne im Detail.

Die rechtliche Ausgangslage: Warum Aufhebungsverträge problematisch sein können

Grundsätzlich gilt: Wer sein Arbeitsverhältnis selbst beendet oder an der Beendigung mitwirkt, riskiert eine Sperrzeit beim Arbeitslosengeld. Die rechtliche Grundlage dafür findet sich in § 159 Abs. 1 SGB III. Demnach tritt eine Sperrzeit ein, wenn Arbeitnehmer ihr Beschäftigungsverhältnis selbst lösen oder durch ein arbeitsvertragswidriges Verhalten Anlass für die Kündigung geben – ohne dafür einen wichtigen Grund zu haben.

Ein Aufhebungsvertrag wird rechtlich als einvernehmliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses angesehen, bei der beide Seiten mitwirken. Aus Sicht der Arbeitsagentur haben Sie als Arbeitnehmer damit aktiv an der Entstehung Ihrer Arbeitslosigkeit mitgewirkt. Die Folge: Eine Sperrzeit von in der Regel drei Monaten, in denen Sie kein Arbeitslosengeld erhalten.

Die wichtigsten Elemente für einen sperrzeitfreien Aufhebungsvertrag

Wenn Sie dennoch einen Aufhebungsvertrag abschließen möchten oder müssen, sollten folgende Punkte unbedingt beachtet werden:

1. Einhaltung der Kündigungsfristen

Ein zentraler Aspekt ist die Einhaltung der gesetzlichen oder vertraglichen Kündigungsfristen. Wenn der Aufhebungsvertrag vorsieht, dass das Arbeitsverhältnis erst zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist endet, wird dies von der Arbeitsagentur positiv bewertet. Der Grund: Sie verzichten nicht auf Ihre Beschäftigung vor Ablauf der Frist, in der der Arbeitgeber ohnehin hätte kündigen können.

2. Betonung betrieblicher Gründe

Besonders wichtig ist die klare Dokumentation, dass der Aufhebungsvertrag auf betriebliche Initiative hin zustande gekommen ist. Im Idealfall werden die betrieblichen Gründe (wie Umstrukturierungen, Stellenabbau etc.) explizit im Vertrag genannt.

3. Dokumentation eines Abfindungsangebots

Wenn der Arbeitgeber Ihnen im Falle einer Kündigung eine Abfindung in Aussicht gestellt hat, sollte dies im Aufhebungsvertrag dokumentiert werden. Das Bundessozialgericht erkennt an, dass die Sicherung einer Abfindung ein legitimer Grund für den Abschluss eines Aufhebungsvertrages sein kann, ohne dass eine Sperrzeit eintritt.

4. Wichtige persönliche Gründe dokumentieren

In manchen Fällen können auch persönliche Gründe eine Sperrzeit verhindern. Das Bundessozialgericht hat in seinem Urteil vom 12.07.2006 (Az: B 11a AL 47/05 R) anerkannt, dass beispielsweise gesundheitliche Probleme, die mit der Arbeitssituation zusammenhängen, einen wichtigen Grund darstellen können. Diese sollten im Vertrag erwähnt oder zumindest anderweitig dokumentiert werden (z.B. durch ärztliche Atteste).

Checkliste: Dos and Don’ts für Ihren Aufhebungsvertrag

Das sollten Sie tun:

  • Betriebliche Gründe für die Vertragsauflösung dokumentieren
  • Auf Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist bestehen
  • Die Initiative des Arbeitgebers im Vertragstext festhalten
  • Wichtige persönliche Gründe (falls vorhanden) dokumentieren
  • Alternativszenarien prüfen (Kündigung mit Abwicklungsvertrag)
  • Rechtzeitig rechtliche Beratung einholen

Das sollten Sie vermeiden:

  • Verträge unter Zeitdruck unterschreiben
  • Formulierungen, die auf Ihre Initiative hindeuten
  • Verzicht auf die Einhaltung der Kündigungsfrist
  • Pauschale Verzichtserklärungen
  • Die Arbeitsagentur zu spät informieren
  • Ohne fachkundige Prüfung unterschreiben

Was tun, wenn die Sperrzeit bereits verhängt wurde?

Haben Sie bereits einen Aufhebungsvertrag unterschrieben und eine Sperrzeit erhalten, ist noch nicht alles verloren. Sie haben folgende Möglichkeiten:

Widerspruch gegen den Sperrzeitbescheid

Gegen einen Sperrzeitbescheid können Sie innerhalb eines Monats Widerspruch einlegen. Wichtig dabei ist eine fundierte Begründung, warum in Ihrem Fall kein versicherungswidriges Verhalten vorlag oder ein wichtiger Grund für die Beendigung bestand.

Klage vor dem Sozialgericht

Wird dem Widerspruch nicht stattgegeben, bleibt der Weg zum Sozialgericht. Die Erfolgsaussichten hängen stark vom Einzelfall ab, aber unsere Erfahrung zeigt, dass gut begründete Klagen durchaus Erfolg haben können, insbesondere wenn betriebliche Gründe nachgewiesen werden können.

Nachweis eines wichtigen Grundes

Selbst nach Abschluss eines ungünstig formulierten Aufhebungsvertrags können Sie versuchen, der Arbeitsagentur wichtige Gründe für die Beendigung nachzuweisen. Dazu zählen:

  • Gesundheitliche Gründe mit Zusammenhang zur Arbeitssituation
  • Drohende betriebsbedingte Kündigung ohne Abfindung
  • Mobbing oder ein zerrüttetes Arbeitsverhältnis
  • Betreuungspflichten, die mit der Arbeit nicht vereinbar sind

Diese Gründe müssen allerdings gut dokumentiert und nachweisbar sein.

So starten wir die Zusammenarbeit

Nach Ihrer Kontaktaufnahme vereinbaren wir zeitnah einen Termin zur Erstberatung, bei der wir:

  1. Ihre persönliche Situation analysieren
  2. Die Risiken des bestehenden oder angebotenen Vertrags bewerten
  3. Konkrete Handlungsoptionen entwickeln
  4. Eine maßgeschneiderte Strategie erarbeiten

Häufig gestellte Fragen

Nicht zwangsläufig. Entscheidend ist die konkrete Ausgestaltung des Vertrags. Mit den richtigen Formulierungen und bei Einhaltung bestimmter Voraussetzungen (wie Einhalten der Kündigungsfrist und Dokumentation betrieblicher Gründe) kann eine Sperrzeit vermieden werden.

Die Regelsperrzeit beträgt drei Monate. In besonderen Härtefällen kann sie auf sechs Wochen verkürzt werden. Bei wiederholtem versicherungswidrigem Verhalten kann sie sich auf bis zu zwölf Wochen verlängern.

Ja, der Anspruch verkürzt sich um mindestens ein Viertel der Ihnen zustehenden Anspruchsdauer, mindestens jedoch um sechs Wochen.

Gesundheitliche Gründe können einen wichtigen Grund darstellen, der eine Sperrzeit ausschließt. Allerdings müssen diese gut dokumentiert sein, idealerweise durch ärztliche Atteste, und es muss ein Zusammenhang zwischen der Erkrankung und der Arbeitssituation bestehen.

Ein Aufhebungsvertrag beendet das Arbeitsverhältnis einvernehmlich ohne vorherige Kündigung. Ein Abwicklungsvertrag hingegen regelt lediglich die Modalitäten nach einer bereits ausgesprochenen (idealerweise arbeitgeberseitigen) Kündigung und führt in der Regel nicht zu einer Sperrzeit.

Ja, Sie sind verpflichtet, alle Unterlagen vorzulegen, die für die Beurteilung Ihres Anspruchs relevant sind. Dazu gehört auch der Aufhebungsvertrag. Eine Nichtvorlage kann zu Nachteilen bis hin zur Versagung des Arbeitslosengeldes führen.

Ein einseitiger Widerruf ist grundsätzlich nicht möglich, da es sich um einen zweiseitigen Vertrag handelt. In seltenen Fällen können Anfechtungsgründe wie Irrtum, arglistige Täuschung oder Drohung vorliegen. Diese müssen aber sehr gut begründet und nachweisbar sein.

Die Höhe der Abfindung hat keinen direkten Einfluss auf die Frage der Sperrzeit. Entscheidend ist, ob ein wichtiger Grund für die Beendigung vorlag oder ob die Initiative vom Arbeitgeber ausging. Allerdings kann eine angemessene Abfindung ein Indiz dafür sein, dass der Arbeitgeber ein Interesse an der Beendigung hatte.

Ja, die Pflicht zur Arbeitslosmeldung besteht unabhängig von einer Abfindung. Sie sollten sich spätestens drei Monate vor dem Ende des Arbeitsverhältnisses arbeitsuchend melden. Die Abfindung wird nicht auf das Arbeitslosengeld angerechnet, kann aber Auswirkungen auf andere Leistungen wie Arbeitslosengeld II haben.

Ja, gegen einen Sperrzeitbescheid können Sie innerhalb eines Monats Widerspruch einlegen. Wird dieser abgelehnt, können Sie innerhalb eines weiteren Monats Klage beim Sozialgericht erheben. Die Erfolgsaussichten hängen vom Einzelfall ab und sind höher, wenn Sie anwaltlich vertreten werden.

Über den Autor:
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Giuseppe D'Antuono
Rechtsanwalt Giuseppe D’Antuono ist seit 2011 Fachanwalt für IT-Recht und seit 2012 Fachanwalt für Arbeitsrecht. Der Tätigkeitsschwerpunkt liegt im Arbeitsrecht (Kündigungen, Aufhebungsverträge etc.) und Sozialversicherungsbeitragsrecht (Scheinselbständigkeit, Gesellschafter-Geschäftsführer, Kommanditisten, Freelancer, Statusfeststellungsverfahren etc.) sowie in der Durchführung außergerichtlicher Schuldenbereinigungsverfahren.
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